Die Stadtpaten

Die Stadtpaten - Vorderseite Buch

Die Stadtpaten oder die Müllmafia

> Hier können Sie den ersten Teil der Videos über meine jüngste Lesung in Wien anläßlich der Criminale 2008 sehen (im Kanalbauwerk am Karlsplatz, berühmt aus dem, 3. Mann)

3-einstiegsschacht-3-mann-tour

> Hier können Sie sich über meinen ersten Krimi DER MILLIONÄRSFLÜSTER informieren:

     www.mannsbart.com/Mannsbart/Blog_2/Eintrage/2010/10                                 31_Pflichtlekture_fur_Baureferenten.html

Der Kölner Müll – und Spendenskandal sowie die Affäre um die iranischen Volksmujaheddin bilden den realen Hintergrund dieser authentischen Romandokumentation. Erstmals spricht hier ein Insider über das kriminelle Geflecht und die Selbstbedienungsmentalität der Kölner Kommunalpolitiker um die AVG, Die KölnArena, den MediaPark und den Flughafen. Zentrum des Buches sind Originalprotokolle, Presseberichte, Zeugenaussagen und Mitschriften, die in eine Romanhandlung eingebettet sind. Der Erzähler verbürgt als Mitarbeiter der Stadt die Zusammenhänge; die Figuren der aufrüttelnden kriminellen Machenschaften sind für Kenner zu entschlüsseln.

Das Buch versteht sich nicht als humorige Darstellung des Kölner Klüngels, wie es verharmlosend heißt, sondern als Beschreibung kriminellen Handelns von Politikern und Wirtschaftsmanagern, vor deren Ausmaß der normale Bürger fassungslos den Kopf schüttelt. (Verbandsmitteilungen des Steuerberaterverbandes Köln, IV/2005).

Der Kölner Müll – und Spendenskandal bildet den Hintergrund dieses authentischen Köln-Krimis.Ertsmals spricht hier ein Insider über das kriminelle Geflecht und die Selbstbedienungsmentalität der Kölner Kommunalpolitiker.

Lesen Sie hier einen Auszug:

Die Stadtpaten oder die Müllmafia

Die Ereignisse und Begebenheiten

werden in diesem Buch wahrheits– und wirklichkeitsgetreu geschildert, soweit sie der Erzähler persönlich miterlebte und sich erinnert.

Teile entstammen Akten der Kriminalpolizei der Stadt Köln sowie des Bundeskriminalamtes.

Manches ist Fiktion.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig, jedoch unvermeidlich.

4. Kapitel

Geh’ zu Hänschen

Der Anruf kam nicht unerwartet. Faust kannte die Person am anderen Ende der Leitung nur zu gut.

„Siegfried, wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Du hast dich auch eine Weile nicht mehr bei mir gemeldet während des ganzen verflossenen Jahres 1991. Ich soll dir Grüße von Horst, Ewald, Gregor und Anneliese bestellen. Man meint, wir sollten uns dringend einmal über deine künftigen Aufgaben unterhalten. Du hast große Verantwortung zu übernehmen, sagt man mir. Auch gegenüber der Partei. Vielleicht brauchst du auch Hilfe, Unterstützung. Komm doch in den nächsten Tagen mal in der Baracke vorbei.“

Am anderen Ende der Leitung war Hänschen. Warum sein Vorname in bestimmten Kreisen verniedlicht wurde, wußte niemand so genau. Hans Haaß war niemand, den man von oben herab oder kumpelhaft behandelte, auch wenn er selbst stets den Kumpel mimte. Das allerdings tat er bis in die höchsten Kreise seiner Partei. Daß er kleingewachsen, korpulent und gehbehindert war, verführte manche Menschen dazu, ihn zu unterschätzen. Für gewöhnlich ein fataler Irrtum, wie sie irgendwann später bemerkten. Viele betrachteten ihn aus einer Mischung von Respekt und Unbehagen. Er stand in dem Ruf, er sei der „Mann fürs Grobe“, allerdings immer im Hintergrund die Strippen ziehend, selten einmal in den Medien, immer aber mit direktem Zugang zu höchsten Parteikreisen. Die wußten seinen Kadavergehorsam und seine absolute Verschwiegenheit zu schätzen. Wenn er rief, war die Sache ernst. Egal, wie man zu ihm stand, hatte es sich noch immer als zwingend erwiesen, seine Einladungen anzunehmen. Die konnten darauf hinauslaufen, daß man sich künftig höheren Weihen stellen, aber eventuell auch um einen anderen Job bemühen mußte. Von Geld war dabei nie direkt die Rede, aber jeder wußte, daß Hänschen wie selbstverständlich einen erheblichen Obolus für die Partei und für sich erwartete, wenn es aufwärts ging. Die Umstände und Zahlungswege waren dabei so verschlungen, daß im Inland praktisch keinerlei Spuren hinterlassen wurden. Alles hatte einen legalen Anstrich. Konsequent achteten sie darauf, daß eine scheinbar seriöse Gegenleistung vorhanden war. Hänschen galt als der Partei-Pate im Rheinland. Der Statthalter in Westfalen – wesentlich jünger als er – war gerade dabei, in höchste Parteiämter aufzusteigen. Ihm traute man alles zu. Er trug den Stempel: „Für höchste Weihen vorgesehen“. In allen Bundesländern verfügten alle Systemparteien über derartige Verbindungs- und Anlaufstellen zur „Pflege der politischen Landschaft“, wie es euphemistisch hieß.

Mit „Baracke“ war die Parteizentrale gemeint. Im winterlichen Bonn wirkte sie hinter den traurig herabhängenden leeren Zweigen des kümmerlichen Straßenrand-Alibigrüns trist und bieder. Faust kannte den Weg gut genug, um problemlos den Konferenzraum im Obergeschoß zu finden. Eine Sekretärin leitete ihn in einen kahlen Raum und verschwand. Es gab weder Getränke noch ein Telefon. Faust kam es vor, als sei er in einem Verhörraum gelandet. Stille auf dem Flur. Die Minuten verrannen wie in der Sanduhr: zäh und körnchenweise. Er war kein Mensch, der mit überlangem Geduldsfaden ausgestattet war. Nach einer Weile linste er nach draußen. In zwei Büros saßen Menschen hinter hohen, verstaubten Aktenbergen und murmelten Unverständliches, als er sie auf Hänschen ansprach. Haaß kam penetrant zu spät. Faust wußte, daß auch dies zum Spiel gehörte. Haaß machte damit klar, daß er die Zügel in der Hand hatte und Faust dankbar sein mußte, überhaupt einer Audienz für würdig befunden zu werden. Haaß würde, daß war Faust bekannt, nicht direkt auf den Punkt kommen, eher wie die Katze um den Brei herumschleichen, rhetorische Fragen stellen, appellieren, Solidarität und Parteidisziplin einfordern, aber den Gesprächspartner nie im Unklaren lassen, wo der Hase lief.

Haaß’ braune Augen lächelten bei der Begrüßung scheinbar freundlich, bald darauf schienen sie kalt und brutal. Nicht ohne Hintergedanken ließ er neben den Namen lokaler Größen wie Gregor Frank und Ewald Huschmann, die im Konzert der Landes- und erst recht der Bundespartei ausgesprochene Hinterbänkler waren, leise auch die von zwei Großkopferten fallen. Hermann Kliemann hieß der Leiter der Staatskanzlei des Landes. Anneliese Blankenburg-Schrippenstedt-Gimpel war Schatzmeisterin der Bundespartei.

Faust konnte sich ohne größere Gehirnakrobatik zusammenreimen, daß es sich um sehr bedeutende Beträge handeln mußte, wenn sich Landes- und Bundesprominenz mit Hänschen in Verbindung setzte. In Anbetracht der Branche, um die es ging, sowie der Investitionen kamen nur zweistellige Millionenbeträge in Erwägung: Drei Prozent von 500 Millionen sind 15 Millionen, von 800 Millionen immerhin schon 24 Millionen, hatte Faust grob überschlagen. Hänschen behielt davon 10 % ein, als „Unternehmens- und Wirtschaftsberater“, der er tatsächlich war, wenn man den Sinn der Begriffe extrem interpretierte, sowie um seine „Unkosten“ zu decken. Netto, versteht sich.

Der frühere Fraktionsgeschäftsführer der SPD dachte nicht im Traum dran, die Gelder zu versteuern. Zu befürchten hatte er nichts. Nicht einmal von der Steuerfahndung, die ansonsten in dem Land wütete und jeden kleinen Handwerker, Handelsreisenden oder was weiß ich kriminalisierte, wenn er ein paar müde Mark an Bewirtungsspesen ausgegeben und versehentlich eine von X Angaben auf dem vorgeschriebenen Bewirtungsbeleg vergessen hatte. Hänschen wußte derart viel über die Haute Volaute sowohl seiner Partei als auch der Koalitionspartner wie schließlich auch der Opposition, daß er ein Erdbeben hätte auslösen können, wenn man ihm an die Wäsche gegangen wäre. Also war klar, daß man ihn gewähren lassen würde. In Ewigkeit. Der Bundesfinanzminister und der Justizminister hatten ihn seit vielen Jahren in die Liste der „Unantastbaren“ aufgenommen, die sie persönlich führten. Sprich: Niemand, kein Finanzbeamter, kein Staatsanwalt, kein Richter durfte irgend etwas gegen sie unternehmen, ohne zuvor die persönliche Erlaubnis der Minister eingeholt zu haben.

Für einige waren Grundgesetz, Privat-, Steuer- und Strafrecht quasi außer Kraft gesetzt. Das paßte haargenau in das Bild der zunehmenden Erosion des Rechtsstaats und des Weges in die überholt geglaubte kommunistisch-sozialistische Nomenklatur des schwindsüchtigen deutschen Teilstaats namens WDR, der dabei war, von seinen auf menschenverachtendste Weise geknebelten Bewohnern in seine stinkenden Bestandteile zerlegt zu werden. Sehr zum Unmut linker Kunstschaffender, Medien und Politiker. Ein Spruch des amtierenden SPD-Vorsitzenden Schröder geisterte seit zwei Jahren durch die Medien: Eine auf Wiedervereinigung gerichtete Politik ist „reaktionär und hochgradig gefährlich“. Der grüne Fraktionschef in Hessen namens Fischer hielt mit: „Ein wiedervereinigtes Deutschland wäre für unsere Nachbarn … nicht akzeptabel. Das Wiedervereinigungsgebot im Grundgesetz wäre in seiner Konsequenz ein Unglück für das deutsche Volk. Ich kann mir nicht vorstellen, welchen Vorteil die Deutschen aus einer Wiedervereinigung hätten.“ An scheinbar bedeutungsschweren Sprüchen mangelte es dem gelernten Taxifahrer nicht. Die meist linken Medien hatten es sich längst zur Übung gemacht, Äußerungen ihrer Klientel nicht zu hinterfragen.

„Ich werde den Job als Technischer Vorstand der Abfallbehandlungsgesellschaft nicht übernehmen. Man hat mich vor die Wahl gestellt: Entweder ich spiele ‚im Team‘ mit, wie Hänschen es schön formulierte, oder sie machen mich fertig. Das sagt er natürlich nicht so direkt, aber man kann ihn nicht mißverstehen. Mr. X, der große Warner und Prediger, soll angemahnt haben, die Interessen des Landes zu berücksichtigen. Die sogenannten, behaupte ich. Da haben einige Blut geleckt. Wenn einer wie Hänschen Namen verdunkelt, kann es sich nur um eine ganz große Nummer ganz oben handeln. Eine der größten Investitionen in Köln steht bevor. Weit größer als die Mehrzweckhalle. Schon dabei geht es wohl nicht mit rechten Dingen zu. Du hast mir von den Versuchen berichtet, dich zu kaufen, als du noch Chef der Beteiligungsverwaltung der Stadt warst.

Die Halle darf höchstens 130 Millionen DM kosten, hattest du berechnet. Dann ging es dabei nur um drei Millionen und ein paar hinterm Komma. Eine davon hatten sie dir bereits geboten, wenn du alles knitterfrei bügelst und deine Bedenken zu den Akten legtest. Das bedeutete, daß der Auftrag weit höher sein würde, denn so wichtig warst du nicht, Entschuldigung, daß sie dir ein Drittel abgetreten hätten. Aber das hast du mir selbst auch so geschildert. Bei der Halle geht es um 12 Millionen, wenn die BAGSTRAGER, die Hochschiefen oder die Holzmädchen zum Zuge kommen. Wir beide haben beim Müllofen eine Investition von 600 bis 800 Millionen DM zu bewältigen. Das Vielfache der Halle also. Man wird den Verantwortlichen, also im Augenblick uns beiden, ‚Rat und Hilfe‘ andienen, Angebote machen, Reisen organisieren usw. usw. Die ganze ‚feine‘ Gesellschaft darf man dabei persönlich kennenlernen, die wir sonst nur im Fernsehen in den Talkshows für altgediente Linke sehen. Aber nicht mit mir.“

Faust preßte die Worte heraus. Rock und Schommer hörten schweigend zu. Sie ahnten, wie es in ihm arbeitete. Rock nickte. Er wußte, worauf Faust anspielte. Um 1998 hatte die Stadt, genauer gesagt in erster Linie der repräsentationsbewußte Oberstadtdirektor Renna, begonnen, für den Neubau einer großen Veranstaltungshalle zu trommeln. Sowohl die Sporthalle auf dem Messegelände – eine ehemalige Messehalle – als auch das Eisstadion waren veraltet. Darüber gab es wenig Zweifel. Beide Einrichtungen kommandierte ein ehemaliges Ratsmitglied, das zuvor die Abteilung für Beschaffung einer Versicherung geleitet hatte. Man fuhr erhebliche Verluste ein. Das war, nahm man vergleichbare Einrichtungen wie die Westfalenhalle, die Schleyer-Halle, die Münsterlandhalle usw. zum Vergleich kaum vermeidbar, selbst wenn man über einen so starken Nutzer wie den Kölner Eishockeyclub „Die Haie“ verfügte.

„Kathedralen muß man bauen! Kathedralen!“ war Rennas ständige Rede.

Mit offen geäußerter Genugtuung verwies er auf das Museum Ludwig und die integrierte Kölner Philharmonie, einen Konzertsaal von Weltniveau. Schließlich gelang es ihm, zwei Anbieter zu bewegen, je eine Halle anzubieten, die widersprüchlicher kaum sein konnten. Von den künftigen Einnahmen ausgehend, die realistisch kalkuliert waren, offerierte ein süddeutsches Architektenbüro eine Arena mit mobilem Dach, gepaart mit hoher Flexibilität im Inneren, echter Multifunktionalität, die sich in schnellen Umbauzeiten niederschlug, den angegliederten notwendigen Trainings- und Aufwärmräumen bei simpelster Konstruktionsweise.

„Der Autoparkplatz unter der Arena ist das Grundmodul unserer Konstruktion: 24 m². Alles baut auf einem Ein- bis Vielfachen auf. Keine überflüssigen und teuren Versprünge, Unterzüge, Überzüge, Stützen usw.“, lautet das Bekenntnis des Entwerfers. „Köln kann höchstens 130 Millionen DM Investitionssumme refinanzieren. Mehr geht nicht, wenn man nicht von vornherein rote Zahlen schreiben will. Das kann man einfach nachprüfen: 130 Millionen bedeuten bei einer Nutzungsdauer von höchstens 25 Jahren 4 % Abschrei